So nah und doch so fern

Blick von der Fähre Richtung Gibraltar
Blick von der Fähre Richtung Gibraltar

Kennst du es, wenn Du wochen, ja vielleicht sogar monatelang auf ein Ereignis hinfieberst? Dir allein der Gedanke daran lauter Vorfreude bringt und dein Herz etwas schneller schlägen lässt? 

Das kann ein fettes Festival sein, ein heiß ersehnter Urlaub oder eben wie bei mir die Überfahrt nach Marokko.

Als ich am Donnerstag, dem 07.02 in Spanien auf meine Abfahrt wartete, war ich überglücklich. Alles schien perfekt zu sein. Die Sonne war angenehm warm, die Vögel zwitscherten, mein Rucksack war bis zum Anschlag mit leckerem Essen gefüllt und kurz zuvor hab ich mit meinen Liebsten aus Deutschland telefoniert. Die Wartezeit bis zur Abfahrt verging wie im Flug und ruckizucki stand ich auf der Fähre, die mich nach Afrika bringen sollte. 

Natürlich wollte ich die Überfahrt nicht damit verbringen ins Handy zu glotzen, sondern das sich nähernde Festland Afrikas und das sich entfernende Festland Europas zu betrachten. Da es schon spät am Abend war und die Sonne gerade unterging, war es eine besonders schöne Atmosphäre. Unbedingt wollte ich mich aufs Deck stellen, um frischen Wind um die Nase zu haben. "Frischer Wind" ist gut gesagt, ich musste mich dagegenstemmen um vorwärts zu kommen! Und alles anziehen, was ich hatte. 

Es hat sich aber rentiert. Als ich dann an der Reling stand, während mir der Wind ins Gesicht pfiff und ich auf die rötlich untergehende Sonne Richtung Marokko blickte, die sich im Meerwasser leicht spiegelte, wurde mir echt warm ums Herz. Ich war total gerührt. In diesem Moment wusste ich, dass ich den kitschigen Spruch "auf mein Herz hören" wirklich umgesetzt habe, weil so fühlte es sich an.

So stand ich da ziemlich lange bis es mir von dem Wind zu kalt wurde und ich wieder rein ins Schiff bin. 

Ein Marrokaner hat mir den Tipp gegeben direkt am Hafen zu schlafen, also in den Warteräumen für Passagiere. Wie am Flughafen also...bin ich mittlerweile ja gewohnt. 

Am nächsten Tag bin ich auf die Hauptstraße und hab gleich bemerkt, dass Trampen hier eine ziemlich gängige Fortbewegungsmethode auch unter den Einheimischen ist. Da ich schon gehört habe die Leute hier verlangen Geld dafür, bin ich gleich mit dem Bus die 40 Kilometer nach Tangier gefahren. 70 Cent. Die mir ein Marokkaner bezahlt hat, weil ich nur Euro hatte zu dem Zeitpunkt. "Welcome to Morroco", meinte er. Busfahren hier ist abenteuerlich. Der Deutsche, der einen Fahrplan braucht, ist hier sowieso aufgeschmissen. Allerdings geht das Kulturerlebnis noch weiter: es gibt keine Bushaltestellen. Bzw. überall ist eine Bushaltestelle. Wenn man sieht, dass der Bus kommt, winkt man einfach den Busfahrer zu, damit dieser anhält und man steigt zu. Selbst auf der zweispurigen Straße. Das gefällt mir. Das macht das Leben so viel langsamer und freier. 

Da es mir gesundheitlich nicht so gut ging, wollte ich unbedingt ein Dach über dem Kopf. Dank sei dem Couchsurfing Netzwerk, welches die besten Seelen dieser Erde hat. Wer Couchsurfing noch nicht nutzt, sollte dem Ganzen wirklich mal eine Chamce geben und sich seine eigene Meinung darüber bilden! Auf jeden Fall hatte ich am selben Tag noch zwei superspontane Personen gefunden, die mir in letzter Minute eine Couch anboten. Mit dieser Sicherheit konnte ich meinen Nachmittag beruhigt in der Stadt und am Strand genießen. Ich habe mir auch die Medina, also die Altstadt angeschaut, und wollte natürlich zum Souk, zum Markt der Stadt, der hier noch spanisch "socco grande" genannt wird. Gackernde Hühner in Käfigen, Obstläden, überquellende Kisten voller Datteln und unzählige Gewürze. Ihr könnt euch vielleicht vorstellen wie viele Farben, Geräusche und Gerüche auf so einem Markt sich treffen. Das war echt spannend!

Am Abend bin ich zu Paul, einem Franzosen gegangen, der mir einen Unterschlupf für die Nacht gewährt. Er spricht neben Französich fließend Japanisch, Englisch, Italienisch und Deutsch. Und fängt gerade an Arabisch zu lernen mit seinen guten 55 Jahren. Mit 55 Jahren! Da halten sich andere Menschen schon für so gut wie tot! Das finde ich sehr inspirierend. Ein sehr bewundernswerter, netter Mann und glücklicherweise auch noch ein super Koch, der im siebten Stock eines Hochauses wohnt mit einer grandiosen Aussicht auf das Meer, den Stadtstrand und Tangier. Wir waren zusammen am Souk, um noch fürs Abendessen einzukaufen, haben ein interessantes Gespräch über die japanische Sprache gehabt und dann sehr gut gegessen. Ich sollte Paul noch viel besser kennenlernen in den nächsten Tagen. Aber das erzähle ich euch beim nächsten Mal, weil es ist schon spät und ich bin müde. Dafür dürft ihr euch noch paar Bilder anschauen;)

Auf jeden Fall lässt sich zusammenfassend schonmal sagen, dass hier eine ganz ander Welt herrscht, obwohl ich gerade mal 40 Kilometer von Europa weg bin. Ich mein, von hier aus sehe ich die Stadt Tarifa in Spanien! Eben deswegen ist Marokko geografisch so nah, kulturell aber ziemlich fern von dem was man aus Europa kennt.


Liebe Grüße aus der nahen Ferne, Simon

Man sieht es nicht, aber ich bin sehr gerührt
Man sieht es nicht, aber ich bin sehr gerührt
Mmmm riecht das gut...im Souk
Mmmm riecht das gut...im Souk
200 Gramm Oliven 20 Cent............
200 Gramm Oliven 20 Cent............
Da bin ich ganz ausm Häusl...auf der Terasse sozusagen. Ich brauche nichts zu dieser Aussicht sagen.
Da bin ich ganz ausm Häusl...auf der Terasse sozusagen. Ich brauche nichts zu dieser Aussicht sagen.